<3 OK BOOMER <3




Kunstmuseen Erfurt


20.11.2022–5.2.2023


Galerie Waidspeicher, Michaelisstraße 10, 99084 Erfurt

www.kunstmuseen.erfurt.de 




Programm


- Opening,
19. November 19 Uhr

- Lesung mit Transcodiert – Queeres Literaturmagazin, 03. Dezember 17 Uhr
- Filmabend „Alle Farben des Lebens“ (2016) mit anschließender Diskussion,
15. Dezember 18 Uhr
- Artist Talk mit Maler*in Götz Sophie Schramm und Annekatrin Kohout,
14. Januar 18 Uhr

Schulklassen haben die Möglichkeit, jeden Dienstag während der Laufzeit das pädagogisches Angebot „Culture Lab I Toxische Männlichkeit“ zu buchen (galeriewaidspeicher@erfurt.de oder 0361 655-1610). In einer Führung mit anschließendem Workshop beschäftigen sich die Teilnehmenden mit heteronormativen Strukturen, Zuschreibungen und Stereotypen.




Sensible Haltungen zum toxischen Zeitgeschehen: Götz Sophie Schramms malerischen Gegenentwürfe zu gesellschaftlichen Verhaltensphänomen


Philipp Schreiner, Kurator, Kunstmuseen Erfurt



Winzige Leinwände, quadratisch, bemalt mit buntschimmerndem Lack, reliefartiger Farbauftrag in der Bildmitte; alles nur Untergrund für präzise in Öl verewigte Zuneigung anzeigende Messanger- Sticker in Form von »Umarmenden Haien«, »Lovebirds« und einem »Faultier mit Kissen«1. Es ist viel Liebe, Emotion und Cuteness zu entdecken auf den Bildern von Götz Sophie Schramm. Ihre Motive findet die Maler*in nicht nur im Repertoire der Handy-App Telegram. Die unendlichen Weiten des Internets mit seinen Imageboards, Social-Media-Netzwerken und Suchmaschinen als Gedächtnis für die gesammelten Errungenschaften des menschlichen Daseins beschäftigen die Künstler*in und ihre Malereien seit geraumer Zeit. Und so halten Memes, popkulturelle Verweise aus Musik, Film und Fernsehen sowie Bildzitate aus der Kunstgeschichte Einzug in ihre Werke. Es sind pointiert zusammengefügte Versatzstücke, die sich mit unserem zuweilen toxischen Zeitgeschehen auseinandersetzen. Schramm formuliert darin malerische Gegenentwürfe anhand derer Hass, Diskriminierung und emotionale Kälte durch Liebe, Respekt und Verbundenheit ersetzt werden sollen.


Götz Sophie Schramm wurde 1983 geboren, ist somit Teil der Generation Y oder auch Millennials genannt. Der Ausstellungstitel <3 OK BOOMER <3 bezieht sich auf deren Eltern-Generation, den sogenannten Baby-Boomern, geboren zwischen 1950 und 1964. In ihrer Solo-Ausstellung weist Schramm dezidiert auf verletzende Verhaltensphänomene hin, die unter dem Begriff »toxische Männlichkeit« ihren Platz in der öffentlichen Debatte gefunden haben, und bezieht dazu Stellung aus intersektional-feministischer2 Perspektive. Doch anstatt Konflikte zu schüren, sollen die Bilder Brücken bauen. Also kein Bashing, kein Shaming, keine Grabenkämpfe zwischen den Generationen, stattdessen Handreichen, Verständnis sowie Aufklärungs- und Bildungsarbeit. Es bedarf daher einem jener Grundanliegen, für die von der Person und der Werkschau sensibilisiert werden soll: Allyship, gelebte Solidarität und aktives Verbünden mit weniger privilegierten Menschen und Gruppen.


Ein vielschichtiges Unterfangen, das auf vielen Ebenen Parallelen zu den Malereien von Götz Sophie Schramm anbietet. Sei es inhaltlich, über die notwendige Dekodierung der vielen Zeichen, Symbole oder Memes Stück für Stück den Gehalt der Bilder herauszuschälen. Oder technisch, wenn es darum geht, die verschiedenen Malstile – teilweise in einer einzigen Arbeit bis zu drei – Schicht für Schicht voneinander zu unterscheiden, als dann sich dicke, pastose Farbaufträge mit dünnen lasierenden und metallisch irisierend Maltechniken abwechseln. Dieser aufwändigen handwerklichen Umsetzung steht zuvor allerdings ein anderer Prozess im Laufe der Kompositionsentstehung voran. Schramm entwickelt einige ihrer Bilder zunächst im Digitalen, also dort wo sie oftmals ihren Ursprung haben. Im Bildbearbeitungsprogramm wird Ebene um Ebene angelegt, bevor die Gesamtkomposition ihre analoge Umsetzung mit dem Pinsel auf Leinwand erfährt. Ein nur scheinbar einseitiger Transformationsprozess vom Computergenerierten zum Handgemachten, verweisen die Bildinhalte doch so stark auf ihren Ursprung in der Netzwelt, dass deren gedankliche Rückführung in jene Welt unvermeidlich ist. Wenn es der kognitiven Rückführung nicht sogar ein Foto wird, das über Social- Media geteilt wieder eingespeist und erneut zur Quelle gelangt. 


Bei aller Komplexität der collagenhaft zusammengeführten Einzelteile lässt die Maler*in die Betrachter*innen nicht damit allein. Denn wem die Dekodierung nicht gelingt, wem die Verweise fremd und die Zitate nicht geläufig sind, der findet eine Hilfestellung über die Werktitel und kann in Windeseile mittels der jederzeit zugänglichen, digital-enzyklopädischen Nachhilfe selbst für den AHA- Effekt sorgen, vermeintliche Wissenslücken schließen und Sinnzusammenhänge herstellen.


Hilfreich sind die ausführlichen Werktitel beispielsweise dann, wenn unterschiedliche Memes zu einem neuen rekombiniert werden, wie zu sehen in der großformatigen, speziell für die Ausstellung entwickelten Arbeit COMMUNION. THE FEMALE SEARCH FOR LOVE (Titel bell hooks, Meme Comedy Cemetery, Chrome Offline-Dinosaurier, Queere*r FLINTA* Doomer auf Lichttunnel Farbverlauf). Auf einer Fläche von 1,70 Meter mal 2,60 Meter arrangiert die Künstler*in auf der linken Bildhälfte ein Meme, worin Millennial, Boomer und Generation X und Z intergenerationale Misskommunikation betreiben, während auf der rechten Bildhälfte eine nicht-binäre Person mit Zügen eines Künstler*innenselbstporträts und Google Chromes verpixelter Offline-Dinosaurier zu sehen sind. Die Entscheidung, diese eklektisch nebeneinander gesetzten Motive, dieser Bild-im-Bild-Teppiche ist vergleichbar mit der weithin geläufigen Praxis von »Internetsuchen«, bei denen die Browserleiste Tab um Tab, Webseite um Webseite anwächst, nur um sich am Ende nicht mehr daran erinnern zu können, wer oder was den ursprünglichen Impuls und die endlose Aneinanderreihung von Hirnströmen ausgelöst haben mag. Aber erst an diesem Punkt, wenn die nebeneinanderstehenden Bildelemente keine eindeutige Lesart oder Interpretation zulassen, ist sich die Künstler*in gewiss, dass das Werk abgeschlossen ist, dass es gut ist.


Tauchen wir auf aus dem Versinken in die dominierend violett gehaltenen Leinwände und deren inhaltlich mannigfach aufgeladenen Motiven, finden wir uns wieder in der Dichotomie zwischen streitbaren Figuren wie Goethe, Beuys, Gagosian oder Protagonisten der Reality-Serie American Chopper und den empfindsamen Sympathieträgern wie Grogu, umgangssprachlich als Baby Yoda bekannt, und den eingangs erwähnten niedlichen Tierstickern. Und bei aller Belustigung und Erheiterung, die wir beim Betrachten von Memes und Phänomenen der Internet- und Popkultur empfinden mögen, schwelen doch die wahren und teils traurigen Geschichten hinter den aus ihrem Kontext gerissenen modernen Erzählikonen: Gewalt, Rücksichtslosigkeit und Schmerz. Es gilt eine sensibilisierte Haltung gegenüber toxischen Verhaltensmustern in unserer Gegenwart zu entwickeln. Denn wie mahnend und weise wusste Meister Yoda bereits zu sagen: »Viel zu Lernen du noch hast.«


1 FÜR ALICE (Selbstformulierter Titel, Telegramsticker: Faultier mit Kissen, Lovebirds, Umarmende Haie), Öl auf irisierendem Lack und Leinen, jeweils 15 x 15 cm, 2021-2022.


 2 Intersektionaler Feminismus denkt die Angriffsflächen für Diskriminierung und Benachteiligung wie Geschlecht, Alter, Herkunft, Hautfarbe, Körperkonstitution usw. zusammen und zeigt die Möglichkeit multi-faktorieller Ausgrenzung auf.




¯\_(ツ)_/¯


Solo Show at Gallery


Falko Alexander I Cologne


25 June - 24 July 2021


https://www.falko-alexander.com/¯_ツ_-¯/


https://www.gallerytalk.net/die-welt-der-memes-goetz-schramm-bei-falko-alexander/


Programm


25. Juni 18:00

Opening (IRL)


7. Juli 18.00

IG-Live-Talk mit Falko Alexander, Leonore Spemann, Götz Sophie Schramm und Wolfgang Ullrich







14. Juli 18:00

Zoom-Talk mit Falko Alexander, Dirk von Gehlen, Annika Goretzki, Götz Sophie Schramm und Leonore Spemann






21. Juli 18:00

Soiree im Hub mit Leonore Spemann und Götz Sophie Schramm






24. Juli 18:00

Finissage (IRL)





Götz Sophie Schramm verwebt in ihren* Arbeiten Bildfragmente, die dem Internet entnommen wurden — vornehmlich Memes, Gifs und Logos — mit Referenzen aus der Kunstgeschichte. Zunächst am Rechner erstellte Mashups werden in akribisch altmeisterlicher Technik in Öl auf Leinwand umgesetzt und vom digitalen in den analogen Raum überführt.
Diese kompositorische Herangehensweise des Remix muss in enger Verbindung zur Bildverwendung der Meme-Kultur im Internet betrachtet werden. Der Begriff Meme, wird erstmals von Richard Dawkins erwähnt und bezeichnet einen Bewusstseinsinhalt, der in Analogie zur Genetik im Sinne einer soziokulturellen Evolution durch Wiederholung weitergegeben und massenhaft verbreitet werden kann. In der heutigen Netzkultur werden diese zumeist humorvollen, Bild- Schrift und Tonschnipsel häufig dazu genutzt, um Haltungen zum Zeitgeschehen pointiert zum Ausdruck zu bringen oder zu kommentieren.
Sie sind somit zum Sinnbild einer Gesellschaft geworden, die sich immer stärker polarisiert und politische- sowie Identitätskonflikte auf der Spielwiese einer referenziellen Bildkultur austrägt. Die Bilder, die Götz Schramm verwendet, haben den Prozess der Dekontextualisierung bereits durchlaufen und wurden durch ihre Verwendung im Netz mit neuen Bedeutungsebenen aufgeladen. Der Baby-Yoda, der einem Star Wars Spin-Off entstammt, wurde beispielsweise zur Symbolfigur der LGBTQ Community. Im Gegensatz zur Pop Art, die auch mit den visuellen Insignien der Massenkultur spielt, verwendet der Künstler*in Bilder an denen bereits eine Vielzahl von Akteuren Hand angelegt haben und in denen sich Zeitgeschichte als gemeinschaftliches Projekt kulminiert. Der Bildfundus der Meme-Kultur mit all seinen Konnotationen und seiner Bedeutungsvielfalt wird in einen losen assoziativen Zusammenhang gesetzt, in dem sowohl persönliche als auch kollektive Erlebnisse verschmelzen. Dem Ausstellungstitel
¯\_(ツ)_/¯ — der zum Teil aus Zeichen des japanischen Katakana-Alphabets zusammengesetzt ist — hat Dirk von Gehlen in das „Pragmatismus-Prinzip“ ein komplettes Buch gewidmet. Dieses Emoticon, das als Shruggie bezeichnet wird – abgeleitet von dem englischen Begriff für Schulterzucken) steht für eine positive, pragmatische und niemals zynische Haltung als Reaktion auf eine immer komplexer werdende Gesellschaft, in der sich eine Vielzahl an Haltungen immer unversöhnlicher gegenüberstehen. In diesem Sinne können auch die Arbeiten der Künstler*in verstanden werden. Sie verdichten Zeitgeschehen in Form einer bildlichen Meta-Kommentierung, die aber nicht den Anspruch erhebt wertende Urteile auszusprechen oder sich ideologisch zu verfestigen.


Falko Alexander


Café Deutschland I.R.L.

25. Januar - 07 März 2020

Einzelausstellung im Neuen Kunstverein Gießen

Eröffnung 25. Januar 2020 um 18 Uhr mit Einführung von Michaela Filla-Raquin und Musikvideopremiere von Drangsal / Frankfurter Hauptschule / VHS Positiv

Neuer Kunstverein Gießen e.V.
Ecke Licher Str./Nahrungsberg
35394 Gießen
www.kunstverein-giessen.de

Öffnungszeiten:
Samstags von 14 bis 17 Uhr


Unterschiedlich große Teile eines Bildes, von dem ein Stück herausgerissen scheint, schweben vor purpur- nem Hintergrund. Unbeschädigt ist das lächelnde Gesicht eines Faultiers. Auch wenn wir wissen, dass die Färbung seines Fels und nicht sein Gemütszustand für den freundlichen Ausdruck verantwortlich ist, berührt uns der verträumte, glückseelige Blick, weckt möglicherweise Sehnsuchtsgefühle. Seltsam nur, dass es nicht entspannt im Baum hängt, sondern dem Betrachter aus glitzernd blauem Wasser entgegen springt. Tatsä- chlich handelt es sich um ein Fantasiewesen, ein Faultier-Delfin, mit dem ein britischer Mobilfunkanbieter für eine Streaming-Flat wirbt. Go Binge lautet der Slogan. Mit Binge Watching, auch Komaglotzen genannt, zum Glück? Jedenfalls suggeriert das der Werbespot: Wer ohne Beschränkung streamen kann, der fühlt sich wie ein Faultier-Delfin beim Sprung durch die Wolkendecke. Götz Schramm komponiert seine Werke am Rechner. Er verwendet Bilder aus dem Internet ebenso wie aus eigenen Familienalben, greift Symbole und Zeichen aus Politik, Alltag und Konsumwelt auf und verwebt scheinbar Unzusammenhängendes. Die farbintensiven Bildräume aus übereinander geschichteten, flachen Layern erinnern an virtuelle Welten. Effekte die in Sekunden mit einem Mausklick erreicht werden können übersetzt Schramm in einer aufwendigen Prozedur in großformatige Malerei. Schramms Motiv- und Farbauswahl ist nicht nur einem großen Interesse an Kulturphänomenen geschuldet, sondern oft auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Bei näherem Hinsehen entdeckt man den Künstler als Jugendlichen, im Fell des Faultiers hockend. Rot glühend sticht über ihm der Bunde- sadler hervor, hier das Logo des Deutschen Bundestages, eine Variation der sogenannten „Fetten Henne“ von Ludwig Gries. Das Wappentier, welches auch den Euro ziert, hat als deutsches National- und Staats- symbol Geschichte gemacht. Schramm, der in der ehemaligen DDR zur Welt kam, dessen Eltern sich trenn- ten, Mitte der 80er in den Westen flohen, nach der Wende wieder zueinander fanden und hier in der Nähe von Gießen neu starteten, hat einen persönlichen Bezug zum Thema Flucht. Die damaligen Ereignisse ha- ben sich Schramm scharf eingebrannt, sein historisches wie politisches Bewusstsein geprägt. Aktuelle Ent- wicklungen wie die Zunahme von Menschen, die vor Krieg und Not flüchten und auf einen Neuanfang in Eu- ropa hoffen sowie die gleichsam zunehmende Angst vor dem Fremden und der offensichtliche Rechtsruck in allen europäischen Ländern, wecken nicht nur Erinnerungen, sondern werfen Fragen auf, denen Schramm in weiteren Bildern nachgeht. Die ebenfalls für die Ausstellung geschaffene Edition trägt den Titel „Leg Dein Ohr auf die Schiene der Ges- chichte“, benannt nach dem gleichnamigen Song von Freundeskreis, in dem Max Herre Momente der eige- nen Biographie dem Weltgeschehen gegenüberstellt. Schramm kombiniert für die Serie privates sowie öf- fentliches Bildmaterial mit eigenen und fremden Texten. Die Blätter erinnern an Memes, die über Internet- plattformen wie Imageboards oder Chatforen verbreitet werden. Im Gegensatz zu den meisten Memes und ihren simplen, humoristischen Aussagen, treffen Schramms Bild-Text-Kombinationen wunde Punkte. Da ist zum Beispiel das Foto, das Anfang der 90er bei einem rassistischen Anschlag auf eine Aufnahmeeinrichtung in Rostock, Lichtenhagen aufgenommen wurde. Es zeigt einen Mann im Deutschlandtrikot, naß im Schritt, den Hitlergruß ausführend, der weltweit zur Verkörperung des "hässlichen Deutschen" wurde. Schramm ver- sieht das Bild mit den Worten „Ich will dieses Land verstehen“, einer Zeile aus Bernd Begemanns „Deutsche Hymne ohne Refrain“.


Michaela Filla-Raquin
Interview about copy and paste at www.perisphere.de/2019/07/19726/
Götz Schramm | copy and paste

Gallery Anton Janizewski
Goethestr. 69, 10625 Berlin-Charlottenburg

Vernissage 16.05.2019 7 pm 
Exhibition 17.05.2019 - 20.06.2019 
(by appointment + 49 176 83248513 / info@antonjanizewski.com)
Finissage + panel talk 20.06.2019 7 pm

Memes are a phenomenon of our time. Coming from the dark corners of image-boards like 4chan these decentrally organized fun images have long made it to the absolute mainstream and are even being used by companies worth millions for use in their advertisement campaigns. As part of the remix culture, memes comment on everything that can be depicted in the web, which in recent debates often raised copyright issues. Yet memes never really emancipated themselves from the dark corners of the web. This becomes evident when considering 8chan, a right-wing version of 4chan. Anne Frank pornography can be found here alongside racist, sexist, anti-Muslim and antisemitic fantasies of violence. The participants will stop at nothing for a laugh. Whoever feels hurt or discriminated against is branded as spoilsport. Here a predominantly white and male community which likes computer games and feels unrepresented by the left-wing mainstream is articulating itself. Right-wing extremists recruit their followers anonymously in largely unsupervised computer game chats. This is all the more relevant, because the Christchurch assassin was to some degree inspired by such memes and even posted a link to a livestream of his terrorist attack on 8chan. Before he started the attack, the assassin said „subscribe to Pewdiepie“, which was a prominent meme at the time not only in right-wing circles. The boundaries between fun and serious matters, medium and spectator, legal and illegal, original and copy mix in such a manner that makes its manifestation a historical novum. More or less smooth are also the transitions when these images from the brew of image-boards appear on Facebook. Administrators fail to get a grip on all the new questionable content coming in. It is not always clear which content is problematic and which is not. The New Right in Germany uses this ambivalence and employs memes in order to spread radical ideas under the guise of humor. 

The artist Götz Schramm takes up this topic in the exhibition „copy paste“. In his pictures some well known memes make their appearance: Pepe the Frog, Grumpy Cat, a pizza eating cat, and a humanized dog sitting in front of a laptop. Yet instead of creating digital collages which would be the obvious choice, he paints these images with meticulous detail. The great effort behind them does not seem to measure up to the end result at first glance. Why all this labor? It's not only about the memes for Götz Schramm. He deliberately links them to western tradition of thought and art in his work. This is evident in the picture “The birth of tragedy from the spirit of music”. Here Pepe the Frog, symbol for the New Right electorate of Donald Trump, holds hands with Grumpy Cat. Their heads were put on two individuals from Friedrich Overbecks „Italia and Germania. Overbeck (1789-1869) followed the Romantic Tradition idealizing the Middle Ages as an idyllic place of the absolute that was then lost in the course of the reception of the works of Kant and Fichte. It was also the Romantic school that gave rise to the idea of a German nation state, initially with a democratic intention. It was looking at the middle ages and cultural history in order to find answers as to what constitutes the German national identity. This was also the task of German Studies , which was establishing itself as a field of study at the time. The return to better days in the past and the search for a culture nation Germany during the Romantic period evidences the backwardness of the New Right. Wholly following the remix culture of memes, Schramm combines current tendencies with historic developments. This method pervades all the exhibited works of Schramm. The bust of Karl Marx in Chemnitz meets E.T. The Extra-Terrestial. The ducks from the album cover of Tocotronics „Es ist egal, aber“ waddle next to Goethe aus Tischbeins „Goethe in the Roman Campagna“. When they are not currently in front of an idealized image of a medieval castle, they can be found seemingly floating in a unreal color space.

If Schramm's pictures were only a means to convey political messages, one needs to ask why he puts in the effort to paint pictures when he could instead, say, write political essays. It is because his images always go beyond the mere message. Representative of this are his pictures „Doggo (Still from Office-Dog-Gif)“, „Cat (Sticker of Pizza-Pusheen on Photoshop Background)“ and „Emoticon (Rendered Circumflex)“. In these, Schramm perceptively approaches digital screen spaces and tries various analogue methods of representation through which he explores the virtual space. These Explorations of computer-generated imagery beyond the political are a dimension that play a central role in Schramm's pictures.

Text: Joshua Schößler

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Götz Schramm | copy and paste

Gallerie Anton Janizewski
Goethestr. 69, 10625 Berlin-Charlottenburg

Vernissage 16.05.2019 19 Uhr 
Ausstellungsdauer 17.05.2019 - 20.06.2019
Finissage + Live Act 20.06.2019  19 Uhr

Memes sind ein Phänomen unserer Zeit. Aus finstersten Ecken wie dem Imageboard 4chan haben sich diese dezentral organisierten Spaßbildchen längst in den absoluten Mainstream gemausert und werden mittlerweile auch von millionenschweren Unternehmen zu Werbezwecken verwendet. Als Teil der Remixkultur zitieren sie alles, was sich irgendwie im Internet darstellen lässt, was in aktuellen Debatten vor allem Urheberrechtsfragen aufwirft. Aus den finsteren Ecken haben sie sich aber nie wirklich emanzipiert. Auf 8chan, einer rechtsradikal verschärften Version von 4chan, kann man das gut sehen. Anne Frank Pornografie steht hier neben rassistischen, sexistischen, antimuslimischen und antisemitischen Gewaltfantasien. Für einen Witz geht man dort über Leichen. Wer sich verletzt fühlt, ist ein Spaßverderber. Hier artikuliert sich eine vornehmlich weiße und männliche Gemeinschaft, die gerne Computerspiele spielt und sich von dem linken Mainstream abgespalten fühlt. Rechtesxtremisten rekrutieren ihre Anhängerschaft anonym in weitgehend unkontrollierten Computerspielchats. Das hat alles auch insofern Brisanz, als dass der Attentäter von Christchurch einen Link zu einem Lifestream seines von diesen Memes inspirierten Anschlag auf eben dem imageboard 8chan postete. "Subscribe to Pewdiepie" sagte der Mann kurz vor seinem Attentat und griff damit ein zu dieser Zeit ein nicht nur in rechten Kreisen beliebtes Meme auf. Die Grenzen von Spaß und Ernst, Medium und Zuschauer, Legalem und Illegalem, Original und Kopie vermengen sich hier auf eine Weise, die in dieser Erscheinungsform ein historisches Novum ist. Fluide sind auch die Übergänge, wenn diese Bilder aus dem Sud dieser imageboards auf Facebook auftauchen, wo man mit dem Löschen dieser Massen fragwürdiger Inhalte nicht mehr hinterherkommt. Es ist nicht immer klar, welche Inhalte rechts und welche es nicht sind. Die neue Rechte in Deutschland macht sich diese Ambivalenz zunutze und bedient sich längst Memes als eines einfachen Kommunikationsmediums, auf dem unter dem Deckmantel des Spaßes radikale Ideen unter die Leute gebracht werden.

Der Künstler Götz Schramm greift dieses Thema in der Ausstellung "copy paste" auf. In seinen Bildern kommen sie alle wieder: Pepe the Frog, Grumpy Cat, ein Pizza essender Katzensticker, das Gif eines vermenschlichten Hundes, der vor einem Laptop sitzt. Doch statt, wie es naheliegend wäre, digitale Collagen herzustellen, malte er diese Bilder akribisch mit der Hand. Der betriebene Aufwand steht auf dem ersten Blick in keinem Verhältnis zum Resultat. Warum diese Mühe? Götz Schramm geht es eben nicht nur um Memes. Er stellt bewusst Bezüge zur abendländischen Denk- und Kunsttradition her. Das lässt sich am Bild "Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik" zeigen. Pepe the Frog, Sinnbild für die neurechte Wählerschaft Donald Trumps, hält Händchen mit Grumpy Cat. Diese Köpfe wurden den zwei Personen in Friedrich Overbecks "Italia und Germania" aufgesetzt. Overbeck (1789-1869) idealisierte, ganz der romantischen Tradition folgend, das Mittelalter als Ort des Unbedingten, das den Romantikern im Zuge der Rezeption der Schriften Kants und Fichtes verlorengegangen war. Es war auch die romantische Schule, aus dessen Geist, zunächst in demokratischer Absicht, die Idee eines deutschen Nationalstaats gebärte, die im Mittelalter und der deutschen Kulturgeschichte nach einer nationalen Identität suchten. Die sich gerade etablierende Germanistik hatte zum Beispiel genau das zur Aufgabe. Die Rückbesinnung auf angeblich bessere Zeiten in der Vergangenheit und die Suche nach einer Kulturnation Deutschland in der Romantik schafft eine Verbindung zur Gestrigkeit der neuen Rechten. Ganz der Remixkultur der Memes folgend, vermischt Schramm aktuelle Tendenzen mit historischen Entwicklungslinien. Diese Remixmethode zieht sich durch die ausgestellten Werke Schramms. Die Karl Marx Büste in Chemnitz trifft auf E.T., den Außerirdischen. Die Enten des Albumcovers von Tocotronics "Es ist egal, aber" wackeln neben Goethe aus Tischbeins "Goethe in der Campagna". Wenn sie sich nicht gerade zufällig vor idealisierten Mittelalterschlößern aufhalten, scheinen sie in einem unwirklichen Farbraum losgelöst herumzuschweben. 

Wäre es nun so, dass Schramms Bilder lediglich ein Steigbügelhalter für politische Botschaften sind, stünde die Frage im Raum, warum er sich die Mühe machte, statt einer schriftlichen politischen Botschaft überhaupt Bilder zu malen. Schramms Bilder gehen aber darüber hinaus, sind immer mehr als nur Botschaft. Dafür stehen unter anderem die Bilder „Doggo (Still einer Doggo-Gif)“, „Katze (Sticker der Pizza-Pusheen auf Photoshophintergrund)“ und „Emoticon (Gerendertes Zirkumflex)“. In ihnen nähert er sich wahrnehmend der digitalen Bildfläche an, probiert verschiedene analoge Darstellungsweisen aus und erkundet somit den virtuellen Raum. Diese Erkundungen computergenerierter Welten sind eine Dimension, die über das Politische hinaus in allen Bildern Schramms eine zentrale Rolle spielen.

Text: Joshua Schößler

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